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Re: Filme und Bücher

Verfasst: Fr 3. Apr 2020, 17:57
von Hille
onki hat geschrieben: Fr 3. Apr 2020, 15:59

Das mit "sämtliche konstruierte Systeme" habe ich tatsächlich so gemeint, wie ich es geschrieben habe...
denn wenn der Mensch im Überlebensrausch auf die niedersten animalischen Instinkt-Triebe zurückfällt, dann ist wirklich JEDES konstruierte, aufgestülpte System oder sonst funktionierende Prinzip nichtig und irrelevant.
Da ist nichts mehr mit Liberté, Égalité, Fraternité... Auf Normen und Wert wird spätestens in diesem Stadium im wahrsten Sinne des Wortes geschissen.
Selbst die letzten paar Hansel, die das Prinzip Veränderung/Solidarität/Gleichheit propagieren, sind mit Mord und Totschlag ganz vorne mit dabei...
Wobei allgemein die Szenen der unteren Ebenen des Schachts der Allegorie "entfesselte Hölle" durchaus treffend entsprechen.
Ja gut, das ist halt aber in diesem Moment eine Behauptung, oder von mir aus eine Hypothese, die du und der Film aufstellen. Der Mensch ist nunmal eingebettet in soziokulturelle Lebenswelten und dieser "Habitus", in dessen Rahmen ein Mensch funktioniert, ist nicht leicht aufzubrechen, wenn er es überhaupt jemals völlig ist. Somit stellt sich die Frage, ob es so einen "animalischen Instinkt" überhaupt noch gibt, auf den der Mensch zurückfallen kann. Die Soziologie ist sich da uneins.
Ganz so einfach ist die Sachlage halt nicht. Mir fallen da jetzt natürlich in erster Linie Beispiele aus der einen Sache ein, die der "Hölle" wenn du so willst am nächsten kommt: NS-Konzentrationslager. Zum einen bildeten sich dort teils aufgestülpte teils ganz neue "Lebenswelten", zum anderen sieht man sehr deutlich, dass gewisse Habitus auch in solch völlig anderen Lebenswelten noch greifen. Es gibt hier tatsächlich beides, "zurückfallen in animalische Triebe" aber auch Solidarität. Und: alle Schattierungen dazwischen.

Das kann aber ein Film natürlich nicht abbilden. Zumindest nicht in seiner Komplexität und ich gehe auch nicht davon aus, dass er das wollte.

PS: Das Theorie- Fass hast du im Grunde schon mit der Behauptung "Ein bitterer Abgesang auf die gesellschaftstheoretische Utopie von Freiheit und Gleichheit namens "Kommunismus"(...)" aufgemacht, weil man danach halt quasi schon "gezwungen" ist, mit den Konstrukten aufzuwarten, die das menschliche Verhalten erklären sollen. Du hast bloß nicht damit gerechnet, dass dir jemand antwortet :P ( :wink: )

Re: Filme und Bücher

Verfasst: Fr 3. Apr 2020, 20:51
von onki
Hille hat geschrieben: Fr 3. Apr 2020, 17:57
Ganz so einfach ist die Sachlage halt nicht. Mir fallen da jetzt natürlich in erster Linie Beispiele aus der einen Sache ein, die der "Hölle" wenn du so willst am nächsten kommt: NS-Konzentrationslager. Zum einen bildeten sich dort teils aufgestülpte teils ganz neue "Lebenswelten", zum anderen sieht man sehr deutlich, dass gewisse Habitus auch in solch völlig anderen Lebenswelten noch greifen. Es gibt hier tatsächlich beides, "zurückfallen in animalische Triebe" aber auch Solidarität. Und: alle Schattierungen dazwischen.
Das kann aber ein Film natürlich nicht abbilden. Zumindest nicht in seiner Komplexität und ich gehe auch nicht davon aus, dass er das wollte.
Ich gehe ebenfalls stark davon aus, dass phantastische Filmwelten keine Soziologie Hörsaal-Sessions oder seitenweise Theorien von Elias oder Bourdieu abbilden wollen... :mrgreen: :mrgreen:
Ich habe versucht die Vorgänge in einem spezifischen Film zu beschrieben.
Und dort hat gegen Ende hin so ziemlich jeder mindestens 1 Menschen abgemurkst...
was eine erstaunlich liberale Auslegung von "Gewohnheiten" im Habitus-Kontext darstellt. :wink:
Das unfreiwillig komische war zudem, dass schlussendlich vor allem vor die Solidaritätsfanatiker die Bodycounttabelle anführten :lol:
Hille hat geschrieben: Fr 3. Apr 2020, 17:57 PS: Das Theorie- Fass hast du im Grunde schon mit der Behauptung "Ein bitterer Abgesang auf die gesellschaftstheoretische Utopie von Freiheit und Gleichheit namens "Kommunismus"(...)" aufgemacht, weil man danach halt quasi schon "gezwungen" ist, mit den Konstrukten aufzuwarten, die das menschliche Verhalten erklären sollen. Du hast bloß nicht damit gerechnet, dass dir jemand antwortet :P ( :wink: )
Haha, falsch gedacht. Soweit kenn ich Dich, um zu erahnen dass Du zumindest den Begriff "Kommunismus" in den Tiefen des Forum erschnuppern kannst wie die Maus den Speck! :D
Erschwerend kam wohl noch dazu, dass ich Deine Lieblings-Theorie offensichtlich wiederholt mit dem unflätigen Schmutz der Unwissenden befleckt habe :mrgreen:

Re: Filme und Bücher

Verfasst: So 7. Jun 2020, 18:26
von onki
Mal wieder Zeit für eine meiner heiß geliebten Film-Empfehlungen 8)

Alle Jahre wieder, Idi i smotri.
Komm und sieh (1985)
von Elem Klimov

Diese Woche hab ich ihn wieder gesehen.
Neben Stalker, für mich einer der wenigen Filme, die Munition für die Ewigkeit bleiben werden...
Und jedesmal wieder bist Du völlig geplättet und starrst betreten und still durch den herablaufenden Abspann hindurch...
darfst Du dem kosmischen Schicksalslauf dankbar sein, ein Leben ohne Krieg führen zu dürfen!

Im Falle von 'Komm und sieh!' werden die Erlebnisse eines 14jährigen Jungen im Weißrussland des 2. Weltkriegs beschrieben. Unter anderem werden die Kriegsverbrechen und Greueltaten der SS-Sondereinheit Dirlewanger, welche ein komplettes Dorf (Chatyn) niedermetzelte, geschildert. Tatsächlich entkamen dem Massaker seinerzeit lediglich nur eine Handvoll Kinder...

Bisher konnte ich keinen anderen Film finden, der mit einer derartigen Intensität das nackte Grauen zum Greifen nahe festhält, dass einem sprichwörtlich die Spucke weg bleibt. Das schafft der Film mit minimalistischen Stilmitteln und ohne auf die Tränendrüse zu drücken oder sich gar in ausartenden Gewalt-Darstellungen zu verlieren...
Die unglaubliche Wucht und Drastik einiger Szenen ist erstaunlich und kommt nicht von ungefähr.
Regisseur Klimov hat schließlich als Kind bzw. Jugendlicher das Grauen des 2. Weltkriegs in seiner Heimatstadt Stalingrad selbst hautnah erleben müssen...

Hervorzuheben auch die beiden Hauptrollen Aleksey Kravchenko (unglaubliche Mimik) und Olga Mironova.
Der Film basiert auf dem Drehbuch und der Romanvorlage von Ales Adamowitsch 'Die Erzählung von Chatyn'.
Der Titel "Komm und sieh" ist aus dem Neuen Testament übernommen, konkret 'Offenbarung des Johannes' (6. Kapitel).
Eine Aufforderung, die Verheerungen zu betrachten, die durch die 4 Apokalyptischen Reiter angerichtet wurden...

Klimov hat mit 'Idi i smotri' nicht nur eines der beeindruckendsten Antikriegs-Statements überhaupt erschaffen, sondern auch EINEN DER BESTEN FILME ALLER ZEITEN. Das gilt inhaltlich wie auch künstlerlisch.
Manche behaupten der Film sei der 'Stalker des Antikriegsfilms'.
Dieser Aussage stimme ich uneingeschränkt zu.

Für mich ein absoluter Pflichtfilm, der Schülerinnen und Schüler in den Abschlussklassen gezeigt und als ewige Mahnung für das Leben mitgegeben werden sollte.

Re: Filme und Bücher

Verfasst: Fr 23. Okt 2020, 10:49
von DaBeda
Nur mal ganz kurz nach etwas längerer Zeit wieder was rein in diesen Thread:

Ich freu mich ehrlich ganz narrisch auf den Start des neuen Eberhofer-Krimis im Kino im November:

Kaiserschmarrndrama :!: :D :lol:
...moi schaun, ob ma nach dem eh schon verschobenen Starttermin (ursprünglich August) dann desmoi überhaupts neideafan...

Trailer zum Film:
:arrow: https://www.youtube.com/watch?v=Kt6K0nyOvXY
Start: 12. November

Die Autorin der Reihe, Rita Falk, arbeitet bereits am elften :!: Band der Reihe, mit dem wieder mal genialen Titel Rehragout-Rendezvous! :lol: :D

Re: Filme und Bücher

Verfasst: Fr 23. Okt 2020, 17:04
von zabo
stimmt