Re: Filme und Bücher
Verfasst: So 6. Okt 2019, 20:46
Midsommar (2019) von Ari Aster
So, gestern endlich Midsommar im Original (Kino-Version 147 min.) gesichtet.
Bei den Göttern, es sind wahrlich gute Zeiten für Cineasten!
Ari Aster empfiehlt sich nach seinem vielschichtig grandiosen Hereditary auch mit seinem neuestem Werk für die Avantgarde des intellektuellen, etwas abseitigen Films. Zusammen mit Lanthimos oder Guadagnigno zählt für mich auch Aster zur nächsten Generation der Meister-Klasse eines Jodorowsky oder Lars von Trier.
Ebenso wie auch Hereditary würde ich auch Midsommar nicht zum Horror-Genre zählen.
Dennoch sind die (in wenigen Sequenzen) gezeigten Gewaltdarstellungen von einer expliziten Brutalität, dass der Straps pfeift.
Die Besonderheit hier jedoch,
Im Kontext des gesellschaftlichen, rituellen Gemeinschafts-Konzepts der Sekte sind die Handlungen in sich schlüssig und positiv im Sinne eines natürlichen Kreislaufs zu bewerten (inkl. Opferkult und Freitot). Der Eindruck der ungeheuerlichen Brutalität und Härte entsteht ausschließlich aus dem Blickwinkel zeitgenössischer Gesellschaftsformen mit überhöhtem Individualismus-Ideal. Das ICH spielt in dieser Sekten-Gemeinschaft eine stark untergeordnete Rolle. Eine Gesellschaft die sich der Freiheit eines bedingungslosen Loslassens verschrieben hat, ob in Punkto Bewusstsein, Bindungen, Schmerz oder Trauer.
Und gerade die Trauerverarbeitung ist es wieder, die Aster bis ins kleinste Detail seziert und wie eine ungangbare Lava auf der Leinwand ausbreitet... eine Trauer, die zynischerweise fast schon symbolisch für Ich-Bezogenheit interpretiert werden darf. Aster weis das Zusammenspiel von Trauer und Schmerz wie einen unausweichlichen Sumpf zu inszenieren - jede Bewegung inmitten dieses Sumpfs beschleunigt den sicheren Untergang nur mehr.
Eine tiefgehende Trauer und Angst, von der sich wahrhaftig zu lösen, nur die Kraft einer kultischen Gemeinschaft vermag?
Es ist schwierig einen solchen Film zu bereden oder zu analysieren ohne zu viel aus der Handlung zu verraten...
Der Gedanke, dass noch eine 171min. Directors Cut Fassung auf BluRayDisc nachgereicht wird, mit noch weiteren Gewalt- und Psychodelik-Exzessen, lässt einen vor Vorfreude fast wie einen Wolf aufheulen!
Klar ist, nur: Es gelten von-Triersche Gesetze:
Wer nicht offen für ALLES ist und allgemein Schwierigkeiten (oder keine Freude daran) hat kontroverse, künstlerisch abnorme Filme zu interpretieren, der/die sollte klar die Finger von diesem Film lassen. Jede Sicht zum Trotz resultiert in verständnisloses Jammern bis hin zum Supergau (dem "demonstrativen" Verlassen des Kinosaals). Doch auch Horrorfans, die aufgrund der blutrünstigen Splatter-Effekte in den Film marschieren, werden höchst irritiert sein und keine Freude an diesem Werk haben.
Alle anderen erwartet ein surreales, psychodelisches, meisterlich in Bild und Ton inszeniertes Kunstwerk, das vielfach interpretiert und begutachtet werden kann, ohne seinen Reiz zu verlieren.
Meine absolute Empfehlung - for those who know...
9/10
So, gestern endlich Midsommar im Original (Kino-Version 147 min.) gesichtet.
Bei den Göttern, es sind wahrlich gute Zeiten für Cineasten!
Ari Aster empfiehlt sich nach seinem vielschichtig grandiosen Hereditary auch mit seinem neuestem Werk für die Avantgarde des intellektuellen, etwas abseitigen Films. Zusammen mit Lanthimos oder Guadagnigno zählt für mich auch Aster zur nächsten Generation der Meister-Klasse eines Jodorowsky oder Lars von Trier.
Ebenso wie auch Hereditary würde ich auch Midsommar nicht zum Horror-Genre zählen.
Dennoch sind die (in wenigen Sequenzen) gezeigten Gewaltdarstellungen von einer expliziten Brutalität, dass der Straps pfeift.
Die Besonderheit hier jedoch,
Im Kontext des gesellschaftlichen, rituellen Gemeinschafts-Konzepts der Sekte sind die Handlungen in sich schlüssig und positiv im Sinne eines natürlichen Kreislaufs zu bewerten (inkl. Opferkult und Freitot). Der Eindruck der ungeheuerlichen Brutalität und Härte entsteht ausschließlich aus dem Blickwinkel zeitgenössischer Gesellschaftsformen mit überhöhtem Individualismus-Ideal. Das ICH spielt in dieser Sekten-Gemeinschaft eine stark untergeordnete Rolle. Eine Gesellschaft die sich der Freiheit eines bedingungslosen Loslassens verschrieben hat, ob in Punkto Bewusstsein, Bindungen, Schmerz oder Trauer.
Und gerade die Trauerverarbeitung ist es wieder, die Aster bis ins kleinste Detail seziert und wie eine ungangbare Lava auf der Leinwand ausbreitet... eine Trauer, die zynischerweise fast schon symbolisch für Ich-Bezogenheit interpretiert werden darf. Aster weis das Zusammenspiel von Trauer und Schmerz wie einen unausweichlichen Sumpf zu inszenieren - jede Bewegung inmitten dieses Sumpfs beschleunigt den sicheren Untergang nur mehr.
Eine tiefgehende Trauer und Angst, von der sich wahrhaftig zu lösen, nur die Kraft einer kultischen Gemeinschaft vermag?
Es ist schwierig einen solchen Film zu bereden oder zu analysieren ohne zu viel aus der Handlung zu verraten...
Der Gedanke, dass noch eine 171min. Directors Cut Fassung auf BluRayDisc nachgereicht wird, mit noch weiteren Gewalt- und Psychodelik-Exzessen, lässt einen vor Vorfreude fast wie einen Wolf aufheulen!
Klar ist, nur: Es gelten von-Triersche Gesetze:
Wer nicht offen für ALLES ist und allgemein Schwierigkeiten (oder keine Freude daran) hat kontroverse, künstlerisch abnorme Filme zu interpretieren, der/die sollte klar die Finger von diesem Film lassen. Jede Sicht zum Trotz resultiert in verständnisloses Jammern bis hin zum Supergau (dem "demonstrativen" Verlassen des Kinosaals). Doch auch Horrorfans, die aufgrund der blutrünstigen Splatter-Effekte in den Film marschieren, werden höchst irritiert sein und keine Freude an diesem Werk haben.
Alle anderen erwartet ein surreales, psychodelisches, meisterlich in Bild und Ton inszeniertes Kunstwerk, das vielfach interpretiert und begutachtet werden kann, ohne seinen Reiz zu verlieren.
Meine absolute Empfehlung - for those who know...
9/10