Aktuell ist es wirklich schwierig zwischen Politik und Fußball zu trennen
Ich finde Iarwains Einwand bezüglich Kahn und dessen "Torhüterschule" in Saudi Arabien berechtigt. Dieses Land
verstösst in vielen Dingen gegen unsere westlichen Wertvorstellungen - dennoch gibt es seitens unserer Politiker
keinen erhobenen Zeigefinger, weil wir von deren Ölexporten abhängig sind. Klar ist das verlogen.
Ich seh aber dennoch einen Unterschied zwischen der Causa Kahn und der Causa Gündogan/Özil. Grundsätzlich
ist es mir schnuppe, wer sich mit Erdogan trifft. Es ist für mich auch kein Qualifikationsnachweis, ob einer
die deutsche Hymne mitsingt oder nicht.
Wenn sich aber deutsche Nationalspieler für den Wahlkampf von Erdogan instrumentalisieren lassen, ist
das zumindest erklärungsbedürftig. Der DFB vertritt ja gewisse Werte, die mit Erdogans Weltbild nicht
vereinbar sind - somit unterliegen die Nationalspieler einem bestimmten Kodex.
Gündogan hat sich zumindest geäussert, auch wenn ich's nicht als klares Statement empfunden
habe. Bei Özil ist die Sache anders: Er schweigt mit Duldung des DFB hartnäckig und will die Sache jetzt wohl einfach
aussitzen. Das geht nicht. Ich kann nicht einerseits Demokratie und Meinungsfreiheit im Heimatland gutheissen
und dann einem ausländischen Präsidenten Schützenhilfe leisten, der genau das Gegenteil vertritt.
Es ist doch eigentlich ein Irrsinn, dass ein Spitzenspieler in einem Jahr mehr verdient als die allermeisten
seiner Fans in einem ganzen Berufsleben. Man akzeptiert das doch nur, wenn man das Gefühl hat, dass
die Spieler auf dem Rasen alles geben und sich mit ihrem Verein/ihrer Mannschaft identifizieren.
Und genau da liegt das Problem bei Özil.
Das Kleinreden und unter den Teppich kehren macht die Situation nur noch schlimmer. Ich hätte mir gewünscht,
dass Özil sich auf Veranlassung des DFB hätte erklären müssen, wenn er (bzw. seine Berater) schon nicht in der
Lage dazu sind. Wenn nicht, keine Nominierung für die WM.
Und nun zu Kahn: Er ist eben nicht mehr Spieler der Nationalmannschaft. Er hat nur mehr sich selbst zu
vertreten - als Privatperson, von mir auch als Geschäftsmann. Gut finde ich sein Engagement bei den
Saudis auch nicht.