KLP hat geschrieben: ↑Di 26. Jan 2021, 15:58
Ich blogge ja schon seit 13 Jahren über Umweltschutz-Themen auf Blog2Help.com
Mir ist es also wichtig, das Thema in der Gesellschaft zu verankern und Lösungen zu finden, wie man die Welt nachhaltiger gestalten kann, ohne dass die Gerechtigkeit auf der Strecke bleibt und wir im Schnitt großartig Wohlstand verlieren. Dass die größten 20 % der Verschmutzer Einschnitte "befürchten" müssen, wird sich nicht vermeiden lassen, wenn wir planetare Grenzen einhalten wollen. Aber da müsste ich zu weit ausholen.
Die Chance zu kandidieren ist auch deshalb so reizvoll für mich, weil ich eben diese Positionen in eine (zumindest in Regensburg) politisch relevante Partei tragen kann und damit werben kann. Dafür wird man mir ja auch ein Budget zur Verfügung stellen, welches ich beim Blog niemals hätte für Marketing. Ich denke also, ich kann damit meine Ideen und Lösungsvorschläge ins politische Leben tragen. Je besser sie sind und je mehr Zustimmung sie finden, desto wahrscheinlicher ist, dass die regierenden Parteien etwas davon übernehmen müssen. Ich versuche also die große Politik auch in bisschen zu "hacken". Je mehr Stimmen ich auf mich versammeln kann und je mehr Reichweite ich generieren kann, desto höher auch der Handlungsbedarf der übrigen Parteien. Man hat es beim Volksbegehren Artenschutz gesehen, wie ökologisch die CSU auf einmal war, als sie gemerkt hat, sie kommt da nicht mehr dran vorbei. Jetzt können sie sich hinter Corona verstecken, das müssen Leute wie ich wieder ändern.
Sollte ich es tatsächlich schaffen, in den Bundestag zu kommen, weil ich so einen krassen Wahlkampf leisten kann oder warum auch immer, würde ich mir vor allem als Ziel setzen, Nadelstiche zu setzen. Also knackige Reden, die auch mal Aufmerksamkeit erzeugen und in den Ausschüssen lernen, wie man seine Positionen auch aus der Opposition heraus verankern kann. Im Stadtrat haben wir das schon ganz gut drauf, wie das funktioniert. Außerdem würde ich gerne ähnlich wie Nico Semsrot mit dem krassen Budget, das einem als MdB zur Verfügung steht, so viel Aufklärung wie möglich aus dem Bundestag bringen. Podcasts, Live-Videos und alles, was die #Neuland-Politiker nicht können oder wollen. Einblicke in Sitzungen, wie das politische Leben funktioniert, wie krass man von Lobbyverbänden umgarnt wird usw usf. Außerdem mich natürlich konkret um die regionalen Belange kümmern wie Gewerbeansiedlungen auf den Prüfstand stellen, den Nahverkehr stärken, (mehr)Nachtzüge über Regensburg wären auch cool, Konzepte entwickeln, wie Stadt und Land voneinander partizipieren können wie genossenschaftliche Landwirtschaft, Energieerzeugung usw usf.
Als Partei ist die Kandidatur natürlich auch ein stückweit strategisch. Durch einen guten Wahlkampf erhoffen wir uns selbstverständlich mehr Bekanntheit und in der nächsten Kommunalwahl dadurch vielleicht einen Sitz mehr in Stadt und Land. Und ich finde hier lokal machen wir einen überragenden Job, sonst wäre ich wohl bei den Grünen gelandet. Denn die ÖDP ist bundespolitisch tatsächlich noch ein bisschen reformbedürftig. Wird aber, es sind gute, progressive Leute dazugekommen. Aber Demokratie ist leider langsam.
Also erstmal danke für die Antwort. Ich bin soweit bei dir, dass es eine politische Organisierung braucht, um Veränderungen zu erzwingen. Dass du politisch organisiert bist, besonders, dass du parteipolitisch organisiert bist, finde ich gut.
Du schreibst:
"Außerdem mich natürlich konkret um die regionalen Belange kümmern wie Gewerbeansiedlungen auf den Prüfstand stellen, den Nahverkehr stärken, (mehr)Nachtzüge über Regensburg wären auch cool, Konzepte entwickeln, wie Stadt und Land voneinander partizipieren können wie genossenschaftliche Landwirtschaft, Energieerzeugung usw usf." Den öffentlichen Nahverkehr fördern: spitze. Bessere Partizipation zwischen Stadt und Land: spitze! Ich denke auch, dass wir eine andere Form der Wirtschaft brauchen werden, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Ich denke aber, dass das, was du durchsetzen möchtest, nicht mit der ÖdP in dieser Form und nicht auf dem parlamentarischen Wegen durchzusetzen ist. Ich versuche dir zu erläutern, warum ich das denke.
Du sagst, dass du die Welt nachhaltiger gestalten möchtest
"ohne dass die Gerechtigkeit auf der Strecke bleibt und wir im Schnitt großartig Wohlstand verlieren." Gerechtigkeit und Wohlstand sind zwei leere (Kampf-)Begriffe, wenn man die dahinterliegenden sozialen, politischen und ökonomischen Grundlagen nicht analysiert. Von wessen Gerechtigkeit und Wohlstand reden wir hier? Für wen soll es in Zukunft Gerechtigkeit geben und wer soll in Zukunft seinen Wohlstand nicht verlieren? Du schreibst weiter, dass es nicht zu vermeiden sei, dass die größten Verschmutzer Einschnitte befürchten müssen. Vor wem haben sie sich zu fürchten? Wer setzt diese Maßnahmen durch? Das Parlament? Die Grünen sind seit den 80ern in den Parlamenten und seit den 90ern in Regierungsverantwortung. Nirgends haben sie derartige Einschnitte durchgesetzt. Warum? Und warum sollte die ÖdP das besser machen, wenn sie auf der gleichen Grundlage in den parlamentarischen Kampf geht? Das Sein bestimmt das Bewusstsein. D.h., die ÖdP im Parlament wird mit einem bürgerlich-demokratischen Programm die selbe Entwicklung nehmen wie die Grünen.
Du sagst, dass du ohne ein Budget, wie du es von einer Partei und dem Parlament kriegst, niemals wirklich "Marketing" für deine Positionen machen könntest. Und ja, ich verstehe die Logik dahinter. Mehr Ressourcen bedeutet mehr Output. Indem du für die ÖdP Wahlkampf machst und die Einnahmen der ÖdP durch das Parlament dadurch eventuell erhöhst, kann sich die Partei mehr Bürokrat*innen leisten, mehr Parteiangestellte. Das erhöht wiederum eventuell die Chance, besseren Wahlkampf zu machen und mehr in der Öffentlichkeit zu stehen. So verkommt aber Politik zum Selbstzweck. Die größte Angst bürgerlich-parlamentarischer Parteien ist die Angst vor dem Verlust von Sitzen, nicht, dass die falsche Politik gemacht wird. Das kommt daher, weil die bürokratischen Parteiführungen Angst um ihre materielle Grundlage haben, die Diäten als Abgeordneter und die finanzielle Bezuschussung durch das Parlament zu verlieren. Mit vermeintlich massentauglichen Position wird versucht, diese Sitze zu erobern oder zu verteidigen. Aber sobald man im Parlament oder in der Regierung sitzt, herrscht Sachzwang. Die Abgeordneten und die Parteiführungen sind der Basis und den sie wählenden Massen keine Rechenschaft schuldig. Es ist ein zutiefst undemokratisches System, in dem eine politische Kaste Politik macht. Bleibt man bei einem bürgerlich-parlamentarischen Programm, lässt sich der Weg der Banane nciht vermeiden: erst Grün, dann Gelb, dann Schwarz.
Du schreibst, du möchtest Nadelstiche setzen. Das widerspricht sich zunächst einmal mit deinem Anspruch, "die Großen" zu Einsparungen zu zwingen. Die Nadelstiche kitzeln "die Großen" höchstens. Besonders, weil du die Nadelstiche folgendermaßen beschreibst:
"Also knackige Reden, die auch mal Aufmerksamkeit erzeugen und in den Ausschüssen lernen, wie man seine Positionen auch aus der Opposition heraus verankern kann." Du formulierst also, dass du Kraft deiner Worte Veränderung hervorbringen kannst. Ich kenn dich privat nicht, von daher weiß ich nicht, was du kannst und was du nicht kannst. Dieser Satz ist aber entweder eine völlige Überschätzung deiner Person oder eine Fehleinschätzung dessen, wie Politik funktioniert. Der Krieg ist die Fortsetzung der Politik am grünen Tisch und umgekehrt. D.h., die Politik ist der Versuch, unterschiedliche Interessen gegeneinander oder im Bündnis mit anderen gegeneinander durchzusetzen. Politik ist Krieg. Und wenn du in einem Krieg keine Armee hast, dann kannst du keinen Krieg führen. Die Regierung hat die Armee, Polizei und einen riesiges Beamtenheer hinter sich. Das wichtigste, was sie jedoch hinter sich hat, sind die Konzerne und ihre Eigentümer*innen. Wie kannst du gegen diesen Gegner einen Krieg mit knackigen Reden führen? Wenn du tatsächlich eine Veränderung gegen die Regierung und die hinter ihr stehenden Konzerne führen möchtest, musst du dir eine Armee aus denjenigen aufbauen, deren Interessen du meinst zu vertreten. Und da stellt sich an dieser Stelle die wichtige Frage: wer ist das und wie kriegst du sie als Armee organisiert? Die Alternative ist, du schlägst dich auf deren Seite und bist dann als kleines Rädchen dazu verdammt, ab und zu mal im Parlament mutig gegen das Regierungsprogramm zu stimmen. Das ist aber meiner Meinung nach keine Opposition zum Bestehenden.
Außerdem denke ich, dass du eine falsche Einschätzung von Reichweite und Wähler*innenstimmen hast. Wähler*innen sind unorganisiert, in ihrer Meinung sprunghaft und nicht wirklich greifbar. Sie sind überall und nirgends und du kannst dir mit ihnen keinen Ort aufbauen, von dem aus du den Krieg führen kannst, den du führen willst. Dieser Ansatz, durch Reichweite und Position Veränderung zu erreichen ist meiner Meinung nach messianisch und sehr individualistisch. Die regierenden Parteien nehmen niemals Punkte in ihr Programm auf, die ihrem eigenen Programm widersprechen. Die CSU ist schon lange eine grüne, rote, braune und lila Partei, je nachdem, was sie gerade braucht, um ihre Legitimität nicht zu verlieren. Sie ist ein politisches Chamäleon, das die Farbe seiner Haut verändern kann, aber niemals die grundlegende Struktur seiner Existenz verneinen wird. Das Wahlprogramm ist nicht das Parteiprogramm! Niemals wird sie sich gegen ihr Klientel stellen, das ihre Macht sichert. Die mittelständischen Familienunternehmen, die Großbauern, die Konzerneigentümer*innen. Aber gegen genau die strebst du an, ins Feld zu ziehen. Da reicht es nicht, gute Ideen zu haben. Du musst diese Ideen GEGEN den politischen Gegner durchsetzen können. Und dafür reicht kein wokes Instagram-Profil. Das ist keine Kritik an deiner Person. Wie gesagt, du kannst super sympathisch sein, eloquent etc. Aber es bleibt eine sehr individualistische Herangehensweise. Wir sind die Jugend des Neoliberalismus, der Superhelden-Filme. Es ist nicht verwunderlich, dass wir so denken. Aber wenn wir merken, dass diese Ansätze nirgends hinführen - und tut mir leid, "Die Partei" führt nirgendwo hin - dann sollten wir uns grundsätzliche Gedanken machen. Das sehe ich in deiner Antwort aber nicht. Du versuchst ein Spiel mitzuspielen, das die Mächtigen nach ihren Regeln konzipiert haben. Das kannst du nicht gewinnen. Wir brauchen meiner Meinung nach aber ein anderes Spiel, mit anderen Regeln, um etwas verändern zu können.
Nico Semsrot taugt als politisches Vorbild nur dann, wenn man nicht wirklich etwas verändern will. Ich gebe zu, dass die Nutzung neuer Medien wichtig ist, um heute Menschen zu erreichen. Das gut zu machen, ist wichtig, Ohne Frage. Aber so, wie es Semsrot macht, bleibt er Individualist durch und durch und kann von seinem Mandat prächtig leben. Ich weiß nicht, worüber wir noch Aufklärung brauchen, wenn dahinter keine politische Macht aufgebaut wird, die diese Aufklärung in Veränderung verwandeln kann. Semsrot hat Fans, aber keine politisch organisierte Basis. Er hat ein Geschäftsmodell für sich entwickelt, er hat die Aufmerksamkeit für sich erhöht. Und das war's. Er hat sich im Parlamentarismus eingerichtet und ansonsten keinerlei Ambitionen. Er ist eine Figur, ein Schauspieler, ein Künstler. Aber er macht keine Politik.
Um zum Anfang meiner Antwort zurück zu kommen: es braucht politische Organisierung. Aber es braucht eine Organisierung derjenigen, die wirklich etwas verändern können. Das sind meiner Meinung nach all diejenigen, die ihr Leben durch den Verkauf ihrer Arbeitskraft an diejenigen verdienen, die uns politisch, sozial und ökonomisch ausplündern. Dh., wir brauchen eine Form der Organisierung, die es uns ermöglicht, uns gegen die Maßnahmen der Regierung, gegen das Gebaren der Eigentümer*innen, gegen den Autoritarismus zu wehren. Wehren können sich diejenigen, deren Grundlage die Lohnarbeit ist, vorerst nur durch den Streik. Die Streiks im öffentlichen Dienst, in der Metallbranche, bei der Bahn etc. sind es, die den Mächtigen das Fürchten lehren. Die Streiks sind es, die sie zu Zugeständnissen zwingen können. Diese Streik müssen wir als politische Menschen unterstützen und die Streiks mit unseren Fähigkeiten helfen, zu organisieren. Dafür braucht es eine Partei, die das objektive Interesse der Streikenden verteidigen und voranbringen kann. Das geht nur über ein proletarisch-demokratisches Programm. Jegliche Form des Parlamentarismus ohne ein anti-parlamentarisches Programm wird nur im Parlamentarismus und somit im selben Sumpf enden, den du in deiner Antwort ja auch ausgemacht hast.
Soweit erstmal. Auf einen Jahnsieg am Samstag!!!