Socrates hat geschrieben:@KLP und Bene:
Gibt es in dem bahnbrechenden Werk von Keller eine Statistik, die die Frage beantwortet,
ob sich der Rauswurf von sportlichen Leitern bei Fußballvereinen kurz-, mittel- oder langfristig rentiert?
In meinem
anderen Beitrag habe ich ja erörtert, dass die Statistik eh fraglich ist, da es ja auch eine zu geringe Vergleichsgruppe gibt. Wann wurde denn ein Trainer entlassen, wenn es gut lief? Erinnern kann ich mich da nur an Magath. An Nichtverlängerungen kann ich mich nur an Stratos, Heynckes und Guardiola erinnern.
Bene hat geschrieben:Nachdem sich jetzt bei google Books die Seiten 118-129 des Keller-Buchs bei mir wieder öffnen lassen noch eine Ergänzung zu den bereits von KLP geposteten Zitaten:
"Trainerentlassungen nach einzelnen oder einigen wenigen sportlich erfolglos verlaufenen Spielen sind zum Wesensmerkmal des Profifußballs avanciert.
Andererseits bekräftigen empirische Untersuchungen die signifikant positive Wirkung einer Beschäftigungskontinuität auf der Trainerposition für den mittel- bis langfristigen sportlichen Erfolg."
Ich ahne fürchterliches...
Die Studie die er Anspricht, kommt zwar zu dem Entschluss, aber natürlich kann man die Ergebnisse auch relativieren.
Die Ergebnisse von Salomo/Teichmann entsprechen insgesamt den Resultaten der vorangegangenen Studien. Die Auswirkungen sind somit je nach Vergleichsmaß unterschiedlich. Tendenziell scheint aber ein Trainerwechsel eher negative Auswirkungen zu haben. [...] Generell ist jedoch erkennbar, dass Trainerwechsel nicht die erhoffte Leistungsverbesserung bewirken und am ehesten die von Gamson und Scotch formulierte Sündenbock-These widerspiegeln.
Auswirkungen von Trainerwechseln auf den sportlichen Erfolg in der Fußball-Bundesliga, Markus Rothermel, diplom.de, 20.04.2006, S. 32
Weiter habe ich noch eine Hypothese gefunden:
Amtszeit: Hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen der Amtszeit von Spitzenführungskräften und dem Unternehmenserfolg komemn betriebswirtschaftliche Untersuchungen bisher nicht zu eindeutigen Ergebnissen. So folgen Norburn/Birley in einer empirischen Untersuchung, dass ein positiver Zusammenhang zwischen der Länge der Amtszeit und dem Unternehmenserfolg besteht, wenn das Unternehmen in einer stabilen Branche agiert. Andere Studien zeigen jedoch, dass mit längerer Amtszeit von Spitzenführungskräfen eine zunehmende Bindung an den Status quo verbunden ist. Dadurch unterbleiben häufig notwendige Veränderungen. Dementsprechend kommen neuere Studien zu dem Schluss, dass weder eine zu kurze noch eine zu lange, sondern eher eine mittlere Amtszeit von Spitzenführungskräften mit Unternehmenserfolg verbunden ist. Diese Argumentation lässt sich direkt auf Bundesligatrainer übertragen. Auch bei ihnen scheint weder eine zu kurze noch eine zu lange Amtszeit wünschensert zu sein.
Erfolg von Fußball-Bundesligavereinen, Prof. Dr. Torsten Wulf, Prof. Dr. Harald Hungenberg, S. 12
Um das einschätzen zu können, noch ein paar Zahlen:
Bundesligatrainer bleiben 1.2 Jahre im Amt – und damit deutlich kürzer als CEOs mit 5.1 Jahren
(Median)
Bundesligatrainer werden sechs mal häufiger wegen Erfolglosigkeit entlassen als CEOs
Quelle
Und es ist wie so oft im Leben: Man muss den Einzelfall betrachten.
Ich habe vielleicht durch meine Nähe an die Geschäftstelle mehr Einblick als Andere, mir fehlen aber auch die nötigen Informationen um eine konkrete Aussage zu treffen. Der, der die nötigen Informationen hat ist Hr. Dr. Keller.
Da der Jahn aber wie ein professionell geführtes Unternehmen auftreten will fehlt mir irgendwie noch das Controlling. Und das ist in dem Fall notgedrungen der Aufsichtsrat (was in echten Unternehmen ja nur bedingt der Fall ist) - und da sehe ich nicht genug Fußball-Kompetenz um hier kontrollierend eingreifen zu können. Bin gespannt, was morgen zu hören ist, aber ich erwarte nur Beschwichtigungen.
Eines wird aber in jeder Studie total vernachlässigt: Fußball ist immer noch ein total emotionales Geschäft und auch die Spieler sind nur Menschen. Und wenn es menschlich nicht stimmt, dann können alle Zahlen für dich stimmen und trotzdem wird sich für dich keiner in die Bresche werfen. Den Spielern ist bewusst, dass sie sich den Arsch aufreisen müssen, egal wer da Trainer ist, egal wie die Umstände sind, denn bis auf Oli und Aosman werden im Falle eines Abstieges wohl keiner mehr so schnell einen halbwegs vernünftigen Vertrag bekommen. Aber wenn du eben mental im Arsch bist, einen Chef hast, den Du nicht magst und selbst vllt. nicht der disziplinierteste Mensch bist, dann geht der Abwärtsstrudel halt immer weiter.
In den Studien wird auch geraten, vllt. eher was an der Mannschaft zu ändern als am Trainer, aber dann muss man sich 10000000%ig sicher sein, dass man den Weg noch mit dem Trainer weitergehen möchte. Und selbst hier kann ich mir nicht vorstellen, dass Hr. Dr. Keller noch so in der Sache sicher ist und wenn doch liegt entweder er oder wir alle falsch
Unter der Saison sind halt die Handlungsrahmen begrenzt, vor allem beim Jahn. Aber Unkonventionelles haben wir halt schon ausprobiert, langsam wirds eng mit Tricks aus der Trickkiste.