Iarwain hat geschrieben: ↑Fr 24. Mai 2019, 13:59
Richtig, ich stimme dir in der grundsätzlichen Analyse des Staates zu. Ein Staat setzt immer die Interessen der Herrschenden durch. Ob das - also die Herrschenden - die Aristokratie der Antike war, der absolutistischen Adel oder das kapitalistische Bürgertum. Solange es diese Trennung der Gesellschaft in Besitzenden und nicht-Besitzende gibt, wird es auch einen Staat geben müssen, der aus dem entstandenen Interessenkonflikt heraus notwendigerweise unter Anwendung von Gewalt die Interessen der einen gegen die der anderen durchsetzen muss.
Da dieser Staat, in dem wir leben, die Interessen des besitzenden Bürgertums durchsetzt, also im Konkreten das private Eigentum an den Produktionsmitteln verteidigt, habe ich ein Problem mit diesem Staat. Diese Ordnung, also dieser Staat, ist ein Hindernis bei der weiteren Entwicklung der Gesellschaft, da er nur das Interesse einer Minderheit gegenüber dem Interesse einer Mehrheit verteidigt. Das macht er eben unter anderem durch Justiz, Parlament und Polizei.
Wie gesagt, "Staat und Revolution" ist ein gutes Buch zu dieser Frage.
Und was das Massaker in Beijing angeht: die stalinistische Staatsbürokratie - und damit auch die Bürokratie in den Parteien und Gewerkschaften der Bundesrepublik - sind Teil dessen, was ich ablehne.
Ob der Machtmissbrauch der Polizeibeamten, die in Fürth über die Stränge geschagen haben, das unmittelbare Ziel hatte den kapitalistischen Status-Quo zu verteidigen, bezweifle ich dann doch.
Das waren einige Beamte, denen die Macht über den Kopf gestiegen ist und mal wieder Bock hatten ein paar Fans zu verkloppen. Das Problem ist, dass der Staat solches verhalten deckt und duldet um den Mythos der Unantastbarkeit des Staatsgewalt und des Polizeibeamten im einzlenen aufrecht zu erhalten.
Denn nur wenn die Bevölkerung entweder glaubt, dass der Staat und seine Beamte immer im Recht sind oder eben auf eine Weise eingeschüchtert sind, die sie lähmt und verhindert aufzubegehren, können die von dir beschriebenen Zustämde bewahrt werden.
Selbstverständlich leben wir in keiner großen Verschwöhrung und Merkel sitzt den ganzen Tag in ihrem Kanzlerarmt und überlegt wie sie ihre Bürder unterdrücken, ausnutzen und verarschen kann.
Alleine die empörten Reaktionen auf Kühnerts kürzliche Einwürfe, zeigen aber wie bedeutungslos das Wort "sozial" in "sozialer Marktwirtschaft" bereits geworden ist. Den Spagat zwischen Sozialismus und Kapitalismus mit Tendenz in Richtung Kapitalismus, den man mit der sozialen Marktwirtschaft versucht hat ist inzwischen nicht mal mehr ein breitbeiniger Stand. Mit seinen Thesen hätte Kühnert vor 20 jahren noch bei den Konservatin in der SPD aufgenommen werden können. Heute schreit die Mehrheit der Bevölkerung verängstigt auf, weil sie glauben die 10.000 Euro auf dem Sparkonto oder das geerbte kleine Reiheneckhaus würde ihnen weggenommen werden.
Wie absurd ist es denn, dass ein Mitarbeiter von BMW, lieber seinen "Lehensherren" verteidigt, sodass dieser weiterhin jedes Jahr nahezu steuerfrei weitere Milliarden auf sein Konto schafft, als die Idee zu begrüßen, dass ihm als einer von 134.682 Mitarbeitern auch vielleicht ein 134.682ter Teil des Konzerns gehören könnte?
Nur als Beispiel: BMW hat im Jahr 2017 8,706 Mrd Euro Gewinn erwirtschaftet. Logischer Weise blieb dieser Gewinn übrig NACHDEM jeder Angestellt sein Gehalt bekommen hat. Demnach hat jeder Mitarbeiter im Jahr 2017 gerundet 65.000 Euro durch seine Arbeit erwirtschaftet, die ihm im aktuellen System nicht zustehen. Das ist mehr als die meisten Mitarbeiter das ganze Jahr lang als Lohn ausbezahlt bekommen haben. Jeder BMW Mitarbeiter arbeitet also mehr als die Hälfte seiner Arbeitszeit in die Tasche der Familie Quandt und findet das auch noch gut.
Wir beschweren uns aber lieber jedes Jahr an einem fiktiven Tag mitte des Jahres darüber, wie lange wir für den Staat in Form von Steuern gearbeitet haben.
Ist aber auch logisch. Der Staat kauft sich auch Luxusvillen, Yachten und Goldschmuck, wohingegen uns die Familie Quandt Arbeitlosenversicherung, Krankenversicherung, Kinderbetreuung, Bildung und vieles mehr zur Verfügung stellt. Oder bringe ich da gerade etwas durcheinander?