Na du traust dich wasHeZi hat geschrieben: ↑Fr 16. Sep 2022, 16:23 Polizeigewalt im Fußball: Freund und Helfer des Status quo
Raphael Molter und Lara Schauland
Polizeigewalt ist weitgehend unerforscht. Was schon Horst Seehofer gekonnt ignorierte, konnte erstmals vor zwei Jahren im Kontext Fußball untersucht werden. 2020 brachte der Journalist Thorsten Poppe das Thema Polizeigewalt im Fußball in großem Stil auf die Agenda und zitierte in einem ARD-»Sportschau«-Beitrag (20.2.2020) eine Studie der Ruhr-Universität Bochum, nach der rund ein Viertel der 3.300 Befragten angegeben hatte, Erfahrungen mit Polizeigewalt beim Fußball gemacht zu haben. Immer wieder mehren sich Berichte von prügelnden Polizisten, willkürlichen Maßnahmen und Machtdemonstration des Staates gegenüber Fans. Besonders bei Auswärtsspielen bekommen das viele zu spüren: Unnötiges und stundenlanges Einkesseln bei Minusgraden, anlasslose Personenkontrollen und Eskalation statt Deeskalation sind oftmals an der Tagesordnung. Ein Phänomen, das man ansonsten vor allem von linken und gegenherrschaftlichen Demonstrationen kennt. Die von Poppe angestoßene Debatte flachte schnell ab, doch die Vorfälle wurden nicht weniger. Zuletzt fiel die Wolfsburger Polizei beim Heimspiel der konzerneigenen Mannschaft gegen Werder Bremen am 18. August auf, indem die Anreise von Bremer Fans zum Auswärtsspiel in die Volkswagen-Arena behindert und von Beginn an gekesselt wurde. Die Beamten verhängten anlasslos pauschale Aufenthaltsverbote, durchsuchten Taschen und nahmen Personalien auf.
Linke und Fußballfans haben mehr gemeinsam, als man meinen mag, und ihre jeweiligen Rollen zu betrachten kann erklären, warum Polizeigewalt ausgerechnet im Fußball so häufig vorkommt. Offensichtlich werden beide Gruppen regelmäßig Opfer von heftiger Polizeigewalt, beide vereint ihre Ablehnung der Institution Polizei. Den liberal-bürgerlichen Standpunkt, nach dem die Polizei »Freund und Helfer« ist, halten beide für absurd. Aber während man sich in linken Kreisen schon seit langer Zeit mit dem Ursprung der Institution und den Gründen der andauernden Repressionen und der Gewalt im Kontext einer kapitalismuskritischen Herrschaftsanalyse auseinandersetzt, fehlt diese Dimension im Fußball noch vollends. Zwar hat so ziemlich jeder Verein, jede aktive Fanszene auch eine Fanhilfe, die als Solidargemeinschaft über Verhalten bei Begegnungen mit der Polizei und die eigenen Rechte aufklärt und anwaltliche Hilfe bereitstellt und die Kosten trägt, allerdings bleibt die Analyse der Gründe für die Repressionen meist am Anfang hängen. Gewaltenteilung und bürgerliche Rechte sind zentrale Themen, auch sieht man sich als Feindbild – aber warum ist man überhaupt ein Feind?
Innerhalb der linken Szene lässt sich der hohe Repressionsgrad durch den Staat offensichtlich erklären, man trifft hier kaum auf ideologische Verästelungen oder Verklärungen. Schließlich dient die Polizei der Absicherung des Status quo und der bestehenden Besitz- und Herrschaftsverhältnisse, während sich viele Forderungen der linken Szene aktiv gegen die Herrschaftslegitimation des bürgerlichen Verfassungsstaats und seiner Staatsapparate und vor allem gegen die wirtschaftliche Ordnung des Kapitalismus richten, die der Staat absichern soll. Bei Fußballfans und besonders Ultra-Gruppierungen wird ein entsprechender Zusammenhang nicht sofort ersichtlich, insbesondere wenn man sich vor Augen führt, dass es nicht allzu viele offensichtlich links auftretende Gruppierungen im deutschen Profifußball gibt. Dennoch haben Fußballvereinigungen vergleichbare Repressionen zu erleiden wie linke Gruppen.
Die Repressionen sind erst dann vollständig zu erklären, wenn man sich vor Augen führt, welche Rolle viele aktive Fußballfans für sich reklamieren und wie ihre Praxis aussieht. Sie kritisieren nicht nur – und dabei ist es egal, welche politisch-ideologische Ausrichtung die jeweilige Gruppierung hat – die Auswüchse der Kommerzialisierung, positionieren sich gegen herrschaftliche Institutionen wie DFB und DFL und den Ausverkauf des Fußballs. Ultra-Gruppierungen fordern für sich als größte Jugend- und Subkultur des Landes ein erhebliches Maß an Autonomie ein, so wie es sonst nur innerhalb der linken Szene praktiziert wird. Vollständig oder größtenteils selbstorganisierte und -verwaltete Räume, ohne jede staatliche Möglichkeit des Eingriffs. Für viele Jugendliche und junge Erwachsene ist das ein wichtiger Raum zur Sozialisierung außerhalb des staatlichen Zwangs und der mittlerweile dauerhaften Konditionierung durch die Einrichtungen des Bildungssystems, um so schnell wie möglich fit für den Arbeitsmarkt zu werden. Durch diese absichtlich erzeugte und verteidigte Unabhängigkeit geraten Ultras in den Blick des Staates, der sich und seinen Way of Life in der Gesellschaft auf jeder Ebene reproduzieren und gegen solche Entwicklungen absichern muss.
In anderen Ländern sind Ultras sogar noch deutlich weiter gegangen, so zum Beispiel im Rahmen des »arabischen Frühlings« in Ägypten, als sich eigentlich verfeindete Gruppierungen zusammenschlossen, um gemeinsam für eine andere Gesellschaft auf die Straße zu gehen. In der Türkei zeigte sich dieser freiheitssuchende Wille noch deutlicher, als während der Gezi-Proteste 2013 der zivilgesellschaftliche Protest erst von der Istanbuler Polizei mit brutaler Gewalt zusammengeschlagen wurde und sich daraufhin Ultra-Gruppierungen der drei größten Vereine Besiktas, Fenerbahce und Galatasaray zusammentaten und die Demonstrationen gegen die Rodung eines Stadtparkes und gegen den autoritären Herrscher Recep Tayyip Erdogan anführten. »Schulter an Schulter gegen Faschismus« skandierten sie auf den Straßen Instanbuls und zeigen damit auch deutschen Ultras auf, wie weit man sich über den Tellerrand des Fußballs beugen kann und muss.
Wer verstehen will, warum Fußballfans und besonders Ultra-Gruppierungen immer wieder Opfer von Polizeigewalt und Repressionen werden, kann und sollte sich bei der linken Analyse der Institution Polizei bedienen. Nur wer die Verhältnisse versteht, kann sie auch ändern. Damit es nicht nur bei der Symptomlinderung bleibt, sondern Herrschaft konkret sichtbar und dadurch angreifbarer wird.
Ärger mit der Polizei
Re: Ärger mit der Polizei
Jahnfans gegen Rassismus!
* steht für: SSV Jahn Regensburg GmbH & Co. KGaA
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Re: Ärger mit der Polizei
Iarwain- warum denkst Du das?
Re: Ärger mit der Polizei
Gegen die jW wird doch derzeit ein Verbotsverfahren angestrebt.
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Re: Ärger mit der Polizei
Nein, das ist nicht richtig. Es wird geprüft ob sie verfassungskonform ist.
Mit haaresträubenden Begründungen.
Wahnsinn!
Re: Ärger mit der Polizei
Leider ahnungslos: was bitte ist „jW“ ?
„Mia san ned nua mia” – Weltweit sind mehr als 82 Millionen Menschen auf der Flucht.
„Ab der Mittellinie ... probieren.“ K. Augenthaler
„Ab der Mittellinie ... probieren.“ K. Augenthaler
Re: Ärger mit der Polizei
Ja, haarsträubend finde ich das auch. Die Feststellung der Verfassungsfeindlichkeit würde dann ja letzten Endes auf ein Verbot hinauslaufen. In Bayern müsstest du dann wahrscheinlich bei Bewerbungen im öffentlichen Dienst angeben, ob du schonmal die jW gelesen hast.
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Re: Ärger mit der Polizei
Sorry, wollte nicht ausschließend wirken, dachte, das wäre eine allgemein bekannte Abkürzung. Die Abkürzung "jW" steht für die Zeitung "jungeWelt".
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Re: Ärger mit der Polizei
Wie auch immer.
Der von mir gepostet Artikel stammt von zwei Autoren, die mit der JW nichts zu tun haben.
Ihr könnt über die beiden ja gerne recherchieren.
Dass er in der JW abgedruckt wurde macht ihn ja nicht falsch.
Der von mir gepostet Artikel stammt von zwei Autoren, die mit der JW nichts zu tun haben.
Ihr könnt über die beiden ja gerne recherchieren.
Dass er in der JW abgedruckt wurde macht ihn ja nicht falsch.
Re: Ärger mit der Polizei
Danke, kannte ich noch nicht.
„Mia san ned nua mia” – Weltweit sind mehr als 82 Millionen Menschen auf der Flucht.
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Re: Ärger mit der Polizei
https://www.sueddeutsche.de/medien/jung ... -1.5296592
link zu einem Artikel der SZ.
Ist über ein Jahr alt.
Trotzdem informativ zum Thema JW
link zu einem Artikel der SZ.
Ist über ein Jahr alt.
Trotzdem informativ zum Thema JW
Re: Ärger mit der Polizei
Du verstehst mich glaube ich falsch. Mein "Du traust dich was"-Post war freundschaftlich gemeint, nicht denunzierend oder irgendwie so.
Den Artikel finde ich auch nicht falsch. Nach meiner Recherche ist er in der jW veröffentlicht worden:
https://www.jungewelt.de/artikel/434742.html
Um inhaltlich drauf einzugehen: ich denke auch, dass die große Mehrheit der Ultras diese Verbindung, die im Artikel hergestellt wird, nicht sehen oder sogar nicht sehen wollen. Das ist aber ein Realität, die für die gesamte Gesellschaft gilt. Der Anti-Kommunismus ist die ideologische Grundlage der deutschen Regierungen und des deutschen Staates. Das spiegelt sich dann natürlich in der gesamten Gesellschaft wieder.
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Re: Ärger mit der Polizei
Sorry Iarwain,
ich hab Dich schon verstanden.
Sah dies überhaupt nicht als Kritik.
Im Gegenteil.
Du bist einer derjenigen, die kapiert haben, dass Politik und Sport nicht trennbar sind.
Und einer, der politisch links denkt.
Also, alles bestens.
Im anderen Forum wäre so eine Korrespondenz undenkbar.
Da gehört der Fußball in den luftleeren Raum.
Darum finde ich Jahnground viel viel besser.
Danke an alle bei denen die Eckfahne nicht das Ende des Denkens ist.
Der Antikommunismus ist auch in diesem Jahrhundert die „Grundtorheit unserer Epoche“ (Thomas Mann)
Nichts ist alternativlos
ich hab Dich schon verstanden.
Sah dies überhaupt nicht als Kritik.
Im Gegenteil.
Du bist einer derjenigen, die kapiert haben, dass Politik und Sport nicht trennbar sind.
Und einer, der politisch links denkt.
Also, alles bestens.
Im anderen Forum wäre so eine Korrespondenz undenkbar.
Da gehört der Fußball in den luftleeren Raum.
Darum finde ich Jahnground viel viel besser.
Danke an alle bei denen die Eckfahne nicht das Ende des Denkens ist.
Der Antikommunismus ist auch in diesem Jahrhundert die „Grundtorheit unserer Epoche“ (Thomas Mann)
Nichts ist alternativlos
Re: Ärger mit der Polizei
Ich hol mal diesen Threads wieder hoch, weil er gut passt. Und an @Ronni und Co: es hat Fußballbezug!
https://www.faszination-fankurve.de/new ... en-koennen
Darüber hinaus gab es in einigen Kurven transpis gegen die Essener Cops, die einen 71-jährigen Taxifahrer auf Malle verprügelt haben und anschließend die spanischen Polizisten bestechen wollten. Drecksbande!
https://www.faszination-fankurve.de/new ... en-koennen
Darüber hinaus gab es in einigen Kurven transpis gegen die Essener Cops, die einen 71-jährigen Taxifahrer auf Malle verprügelt haben und anschließend die spanischen Polizisten bestechen wollten. Drecksbande!
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* steht für: SSV Jahn Regensburg GmbH & Co. KGaA
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