Beitrag: # 12723Beitrag
BLURT
Fr 8. Mai 2015, 00:29
Ist schon spät, aber mich bewegt die Meldung von seinem Tod noch immer und bevor ich sinnlos am Küchentisch ins Bier greine, sage ich mal meine spontanen Gedanken und warum ich heute traurig bin. Denn auch morgen wird das Leben bereits weitergegangen sein.
In meiner frühen Regensburger Kindheit und Jugend gab es nur die MZ und weil es neben meinem Dorfverein, in dem ich selber spielte, nur Borussia Mönchengladbach und den Jahn gab, war mir Heinz Reichenwallner früh ein Begriff. Reklamezeitungen gabs noch nicht, Netzjournalismus gleich gar nicht, also hatte der Heinz das Monopol in der Jahn-Berichterstattung. Man hat sich damals keine Gedanken gemacht, ob das Pluralismus und Meinungsvielfalt ist, geschweige denn, ob das journalistische Hinterfragungskunst auf allerhöchstem Unterhaltungsniveau war. Man war einfach süchtig nach dem Spielbericht, der Vor- und Nachberichterstattung zum Spiel.
Das hat Heinz Reichenwallner damals wie bis heute so selbstverständlich mein Leben lang geliefert, dass ich nie auf die Idee kam, es könnte einmal anders werden. Hätte einfach schon meinem Heimatgefühl widersprochen, das ich als "Exiler" natürlich besonders pflege und für das ich aber schon auch markante Orientierungspunkte brauche. Für mich war der Heinz Reichenwallner immer so was wie der Eiserne Steg. Ein Markenzeichen, das zu Regensburg gehört. Würde ihn natürlich nie mit der Steinernen Brücke vergleichen oder mit dem Dom. Er war eher die Kirche, die man im Dorf lassen musste, um sich an ihr zu orientieren und die Brücke, die man braucht, um nicht gleich über sieben gehen zu müssen. Bescheiden ist er aufgetreten, nie dominant, überheblich oder besserwisserisch.
Dass er sach-und fachkundig war, daraus hat er trotzdem nie einen Hehl gemacht. Warum auch, er war es.
Wir, manche von uns, haben uns oft und gern lustig gemacht über seine Fragen und seinen Fragestil bei Pressekonferenzen. Reichenwallner war da so "oldfashioned", wie man es nach all den Jahren aber gewiss auch sein darf. Ich bin trotzdem sicher, dass die von ihm befragten Trainer ganz einverstanden waren mit sowohl seinen Fragen als auch mit seinem umgänglichen Ton. Dass es mitunter aussah und klang wie ein Zwiegespräch unter Kumpels, das war nie Reichenwallner anzukreiden, sondern dem fehlenden Interesse sonstiger Medienvertreter, an so etwas überhaupt teilzunehmen.
Heinz Reichenwallner ist mit dem Jahn durch Dick und Dünn gegangen und war dabei nie nur Journalist und Pressevertreter, sondern der leidensfähigste Fan von allen. Er ist zwar jetzt gestorben, hat sie aber dennoch alle überlebt. Die Spieler, die Trainer, die Bosse und ganze Generationen von Fans.
Der Jahn war nicht nur Teil seines Berufs, sondern seine Leidenschaft und seine Herzensangelegenheit. Er ist mit Sicherheit nicht aus beruflichen Gründen zeitlebens in Regensburg geblieben oder weil er keine andere Wahl hatte, sondern weil er nicht loskam vom Jahn und das auch nie anders wollte.
Chapeau.
Kann mir nicht vorstellen, dass so einer nochmal wiederkommt. Eine Seele von Mensch und eine Seele von Fan, über Jahrzehnte.
Er wird uns fehlen. Auch seinen Kritikern. Und erst recht dem Jahn in seiner momentanen Verfassung.
Dass er gleichzeitig mit SEINEM Stadion gegangen ist, macht das neue Stadion noch etwas leerer und unwirtlicher als es eh schon sein wird.
Aber auch dort wäre er beim Jahn geblieben, wenns nicht anders entschieden worden wäre.
Heinz, du bist oben und wenn der Jahn mal wieder aufsteigt, dann trefft ihr euch in der Mitte und im Himmel ist ne Schlagzeile fällig oder?